Der Plattdütske Krink Graiwen aktuell - Heimatverein Greven

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Der Plattdütske Krink Graiwen aktuell

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Pfarrkirche St. Martinus - Geschichtsort seit dem 8. Jahrhundert
20. Dezember 2023
Wo is’t Jaohr bliewen?
   
Das letzte Treffen des Plattdütsken Krinks in diesem Jahr war Anlass für eine besondere Kaffeetafel. Hildegard Kurk hatte Iserkoken gebacken und Franz-Josef Holthaus brachte Platenkuchen mit. Zuvor aber wurden noch die gewohnten Rituale eingehalten. Inzwischen sind die plattdeutschen Texte aus der Bibliothek von Willem Beuning, die auch von ihm vorgetragen werden, eine beliebte Einstimmung geworden. Das betonte auch Heinz Ronning in seiner Begrüßung.

In einem Jahresrückblick wurden die vielfältigen Themen der Treffen aufgelistet. Dazu wurden einige Höhepunkte hervor gehoben. Beim 40jährigen war als besonderer Gast der als Terro Liederwams bekannte Theo Große Wöstmann begrüßt worden. Bei einem anderen Treffen war Erich Zink mit Sohn Thomas willkommen. Erich zitierte aus seinem eigenen plattdeutschen Repertoire und dem seines Vaters. Bei den Liedern wurde er von Thomas auf der Gitarre begleitet.

Beim Thema „Fassentiet un stille Wiärk“ konnte Willem Beuning eine originale Ratsche bedienen, die aus dem alten Bestand der Martinus-Kirche ausgeliehen war.
  
Um altes Brauchtum ging es bei anderen Treffen. Auch und besonders um plattdeutsches Sprachgut und damit verbundenes Tun und Handeln. Ein Thema wurde leidenschaftlich diskutiert und behandelt – der ehemalige Lambertus-Markt am Kirmes-Montag. In der Weiterführung entwickelte eine Arbeitsgruppe Vorschläge für eine neue Gestaltung, in Anlehnung an die Ursprünge. Das wurde an den Vorstand des Heimat-Vereins weitergeleitet mit der Bitte, die zuständigen Gremien dafür zu interessieren. In der abschließenden Diskussion wurde betont, dass man zwar durchaus ernste Themen behandelt habe, aber dass auch oft und viel gelacht wurde. Und mit diesem Lächeln im Gesicht sei man dann nach Hause gegangen.

Sodann gab es die angekündigte Kaffeepause mit Iserkoken und Platenkuchen. Und viel Erzählen. Danach wurde die anstehende Adventszeit und Weihnachten angesprochen und dazu passende kleine Geschichten erzählt. Bei den plattdeutsch gesungenen Liedern spielte Heinz Gattling auf dem Akkordeon. Und wieder bestätigte sich, dass damit das Singen nicht nur leichter fällt sondern auch schöner klingt. Zunächst wurde das Grevener Heimatlied gesungen und dann das bekannte Weihnachtslied „Oh Dannebaum, oh Dannebaum“. Heinz Ronning bedankte sich bei allen für die rege Beteiligung. Mit den guten Wünschen für „de stille Tiet un Winachten“ wurde der Nachmittag beendet.
  
Das nächste Treffen ist am 31. Januar 2024 in der Alten Post.

Hanz Schreiber
Plattdütsker Krink im Heimat-Verein Greven e.V.

1. Oktober 2023
Dat laiwe Geld
   
Über Geld redet man nicht, man hat es - oder auch nicht. Und doch gibt es ausreichend Stoff, darüber zu reden. Schließlich wurden schon im 7. Jahrhundert vor Christus in Lydien erste Münzen geprägt. Und so begann Willem Beuning beim letzten Treffen des Plattdütsken Krinks beim Heimatverein seinen plattdeutsche Vortrag über „de Mönsterlänner un dat laiwe Geld.“ Nach der Begrüßung durch Heinz Ronning hatte er zuerst seine Geschichtchen aus dem Wibbelt-Bestand vorgetragen.

In seinem kurzweiligen Vortrag erwähnte er, dass es lange vor Münzen und Scheinen bereits üblich war, für Waren einen Gegenwert zu geben. Oder in dem bekannten Märchen der Brüder Grimm vom Hans im Glück, wo Hans einen Klumpen Gold gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh, so lange, bis ihm nach dem letzten Tausch der Schleifstein  beim Trinken in den Brunnen fällt und er glücklich ohne Geld da steht. Der in diesem Märchen verborgene Sinn aber gab nicht wieder, dass man noch heute gern mit Geld Gewinne macht. Ob durch Handel oder im Lotto.

Aber zurück zur Geschichte. Tauschgeschäfte dienten dem Wertausgleich für Waren oder Dienstleistungen. Dieser Wert musste greifbar, zählbar sein. Fast dreitausend Jahre lang gab es zum Beispiel Muschel-Geld – die so genannten Kauri-Muscheln. Diese kleinen Schneckenhäuser wurden auf Schnüre gefädelt, sie dienten als Schmuckketten oder eben als Zahlungsmittel. Noch nicht bei uns, aber in Afrika, Asien und im Südseegebiet. In Lydien, der früheren Türkei, sollen die ersten Münzen im 7. Jahrhundert v. Chr. geprägt worden sein. Der Wert der Münzen entsprach dem Gold- oder Silbergehalt. Dem gegenüber ist heute ein Zweieurostück gerade mal 13 Cent wert.

Im zweiten Teil seiner Ausführung kam Willem Beuning auf die aktuelle Entwicklung zu sprechen. Die Zuhörer beschäftigte die Frage, wie es mit dem Bargeld sein wird. Selbst im Supermarkt kann man beobachten, dass die Kunden mit der Karte zahlen, beim Bäcker sogar die Brötchen. Kann es wirklich sein, dass man im Alltag keine Geldbörse mehr braucht? Oder wird es so, wie in den Niederlanden, wo Bargeld nicht mehr angenommen wird? In der Diskussion gab es immer wieder Fragen, die nicht beantwortet werden konnten. Aber spannend war es bis zum Schluss. Das stellte auch Heinz Ronning fest, der sich bei Willem Beuning herzlich bedankte. Vor allem, dass dieser seine Ausführungen in Plattdeutsch vorgetragen hat. Andererseits stärkt das die Absicht, bei den Treffen möglichst viel Platt zu sprechen.
  
Mit dem Westfalen-Lied endete die Runde. Das nächste Treffen ist am 25. Oktober 2023 in der Alten Post.

Hanz Schreiber
Plattdütsker Krink im Heimat-Verein Greven e.V.

21. September 2023
Lambertus-Markt – wo büss du hen?
 
Vorgeschichte: Beim August-Treffen  2022 des Plattdütsken Krinks kurz nach der Grevener Kirmes wurde ausgiebig darüber gesprochen, was aus der Tradition des Lambertus-Marktes geworden sei. Einmal wurde das trödelmarktige Warenangebot bemängelt und darüber hinaus das Fehlen von Verzehrständen. Positiv gewertet wurde hingegen das traditionelle Treffen der Grevener. Das Ergebnis brachte den Vorsatz, im Jahr 2023 eine genauere Betrachtung vorzubereiten, um eventuell konkrete Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten.
 
Eine Gruppe des Plattdütsken Krinks sammelte zur Kirmes 2023 die Bedingungen, nach denen am Kirmes-Montag der Lambertus-Markt begangen werden sollte. Dabei sollte alles erfasst werden, was ins Auge fällt. Und Fragen sollten gestellt und Fotos gemacht werden. Und das Erlebte und Gesehene würde beim Treffen am Mittwoch nach Kirmes vorgestellt. Und bei diesem Treffen erwartete man gespannt die Ergebnisse und die daraus schon resultierenden Vorschläge.
 
Zur Einstimmung zitierte Heinz Ronning heitere plattdeutsche Kurzgeschichten. Ludger Hidding gab eine kurze Schilderung  über die Entstehung des Lambertus-Marktes und der verschiedenen Plätze, wo er im Laufe der Jahrzehnte aufgebaut war. Sodann berichteten Teilnehmer von ihren Beobachtungen. Die Gruppe traf sich an der Schulgasse zum Lambertus-Markt. Die ersten Stände waren direkt nach der Parkhaus-Einfahrt. Schon auf den ersten Metern traf man Bekannte. Und dann begann das Schauen und Beobachten. Links und rechts der Straße An der Martini-Schule bis kurz vor der Konradstraße waren die Stände aufgebaut. Wobei noch genügend freie Plätze waren. Die Straße selber gab den Raum zum Flanieren. In den Gesprächen mit den wenigen „echten“ Markthändlern ergaben sich überwiegend zurückhaltende Meinungen. Einige fühlten sich unwohl zwischen den Trödlern und Plünnenständen. Man überlege, ob man auch weiterhin kommen würde. Auch die Umsätze seien überschaubar. Hinzu kämen, wie all überall, die erhöhten Kosten. Die könnten kaum erwirtschaftet werden. Es gäbe Kunden, die von ihnen eine Rechtfertigung für die höheren Preise erwarteten. Manchmal habe man den Eindruck, dass man im Raza Bazaar oder Anarkali Bazaar oder Zainab Market in Pakistan sei. Aber da gäbe es wenigstens Verzehrstände.
 
Die Marktbesucher sprachen begeistert von  den Begegnungen mit alten Freunden, die man hier treffen könne. Auf die Frage, ob sie schon was gekauft hätten, bemängelten sie die Gleichheit der Waren, viele Stände hätten ein ähnliches Programm. Und manche Händler könnte man gar nicht verstehen. Stammkunden gab es bei den wenigen Ständen, die seit Jahren dabei sind, wie zum Beispiel spezielle Putzmittel, die es nicht in Läden gibt. Konkret wurde bemängelt, dass es weder Würstchen noch Bierstände gebe.
 
Wenn nach Gewohnheiten und alten Bräuchen gefragt wurde, dann erinnerten sich die meisten Besucher an den berühmten Billigen Jakob. Der war schon auf dem Lambertus-Markt auf der Emsinsel dabei. Dieser Mann war ein Verkaufsgenie und ein echter Unterhalter. Viele konnten noch seine Sprüche zitieren. Auch auf dem Martini-Schulplatz war er noch dabei. Heute wäre sein Stand nicht mehr zeitgemäß. Seine Waren kann man in jedem Billigmarkt günstiger kaufen. Ein Besucher erzählte, dass er auf der Kirmes 1959 beim Jakob eine handvoll verschiedener „Läuseharken“, so nannte man Kämme, für nur eine DM gekauft hätte. Einen Stielkamm hätte er heute noch in Gebrauch.
 
Man hatte Verständnis, dass es für viele der ursprünglichen Waren des Lambertus-Marktes keinen Bedarf mehr gibt. Oder dass man vieles im Baumarkt oder in Sonderangeboten der Märkte bekommt. Überlegt wurde, warum es keine Angebote für Kinder gibt. Auf den Stadtfesten gäbe es Tiere zu bestaunen, einige zu streicheln. Nostalgisch wurde es, als an die Tanzzelte aus Jugendjahren erinnert wurde. Oder wie die Junggesellen mit Strohhut und Handstock gemeinsam den Zug durch die Gemeinde gemacht hätten. Die Grevener selber und die anderswo lebenden Grevener konnten sich an Kirmes und besonders beim Lambertus-Markt treffen. 1959 seit ein Grevener aus Hongkong gekommen. Er hatte seinen Jahresbesuch in der deutschen Zentrale extra so geplant, dass er zur Kirmes zuhause sein konnte. Das sei nun eben Vergangenheit.
 
Die Frage wurde gestellt, ob sich der Lambertus-Markt überlebt hätte oder ob er in der alten Form überflüssig geworden sei. Die Diskussion brachte bedenkenswerte Vorschläge für eine zeitgemäßere Veranstaltung. Vor allem wurde die jetzige Lage kritisiert. Der Markt gehöre näher ins Kirmesgeschehen. Dafür wurden mehrere Lagen vorgeschlagen. Auf die Klüngelstände soll verzichtet werden. Im Vergleich mit ähnlichen Märkten im Umland gibt es attraktive Angebote. Auch ortstypische Verzehrstände und Getränkestände gehören unbedingt dazu. Neben Stehtischen sollen auch Sitzgelegenheiten vorhanden sein. Für Kinder soll ein spezieller Bereich eingerichtet sein. Will man die Jugend erreichen, soll mit deren Vorschlägen und Hilfen ein Part aufgebaut sein.
 
Nun kann es nicht Aufgabe des Plattdütsken Krinks sein, ein solches Projekt zu planen und zu realisieren. Die erarbeiteten Vorschläge werden dem Heimatverein Greven übergeben. Dieser wird das in die zuständigen Gremien geben und sich an der Gestaltung beteiligen. Vom Vorstand waren Beobachter mit dabei wie auch Ratsmitglieder. Allen bisher Beteiligten hat das Projekt richtig Spaß gemacht. Jetzt gilt es, das mit Leben zu füllen.  
 
Hanz Schreiber      

Der Plattdütske Krink trifft sich jeden letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr beim Heimatverein in der Alten Post.

31. Juli 2023
Nu segg äs, watt giëw’t Niës in’t Duorp?  ( Was gibt’s Neues im Dorf?)
 
Beim Juni-Treffen des Plattdütsken Krinks im Heimatverein sollte zum Abschluss wieder ein plattdeutsches Lied gesungen werden. Text und Melodie waren nicht allgemein bekannt und so wurde das Lied nicht zu Ende gesungen. Auch wegen unterschiedlicher Auffassung der Melodie. Das hörte sich so schräg an, dass „de Rüen in’t ganze Kiäerspell an’t Bliäken  wüörn“. So brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt. Und deshalb sprach es Heinz Ronning in seiner Begrüßung offen an. In der Zwischenzeit haben sich Teilnehmerinnen bereit erklärt, das Singen vorzubereiten. Heinz Ronning berichtete auch, dass er mit den Gruppen der Akkordeonspieler und der Gitarrenspieler gesprochen habe, um ein oder zwei Mitglieder zu gewinnen, die bei den Treffen die musikalische Begleitung spielen würden. Leider ohne Erfolg. Die Suche geht weiter.

Willem Beuning gab sodann die Einstimmung mit Versen und Geschichten von Augustin Wibbelt. Das ist inzwischen schon ein guter Brauch geworden. Auf Wunsch der Teilnehmer gab er noch einmal Erläuterungen zu seinem Part beim vorigen Treffen. Er hatte sich auf den Aufruf einer Sprachforschungsgruppe der Universität Münster gemeldet. Es ging dabei um Vergleichsmuster in den Veränderungen der plattdeutschen Sprache in den letzten zweihundert Jahren. Beuning hat die ihm gestellte Aufgabe mit Bravour gelöst. Es gelang ihm außerdem, auf Schreibfehler in einem der Manuskripte hinzuweisen, die bislang noch niemandem aufgefallen waren. Erschwerend war noch hinzu gekommen, dass die Texte in der altdeutschen Schrift geschrieben waren. Bei seinem Vortrag beim letzten Treffen hatte Beuning sich besonders gefreut, dass das Lesen und Deuten der Texte von Einigen sehr klar unterstützt worden war.

Beim Vierzigjährigen des Plattdütsken Krinks war Theo Große Wöstmann als Ehrengast dabei. Unter anderem hatte er auch über seine Wochenendkolumne als Terro Liederwams gesprochen. Seine Texte sind, laut gelesen, auch von Lesern zu verstehen, die nicht in der plattdeutschen Sprache sicher sind. Deshalb hatte man eine Auswahl der Kolumnen angeboten, um diese in der Runde vorlesen zu lassen. Anlass dafür war die Bitte, unterschiedlichen Teilnehmern das Üben der Sprache anzubieten. Was außerdem ein Hauptanliegen der Treffen ist, bei denen eigentlich ausschließlich platt gesprochen werden soll. Bei den Vorträgen durfte gelacht werden, ein Auslachen gab es hingegen nicht.

Abschließend gab es reichlich Applaus, der auch andere ermutigen sollte, bei nächsten Treffen es selbst zu versuchen. Es wurde die Bitte wiederholt, Texte aus persönlichem Besitz mitzubringen und diese vorzutragen. Das können Texte aus dem Lieblingsbuch sein oder aus Publikationen, Briefen, Notizen. Dadurch wurden schon öfter Schriften entdeckt, die als vergessen galten. Sie sind heute im Archiv aufbewahrt. Zum Abschluss dieses vergnüglichen Treffens wurde das Westfalen-Lied gesungen, dessen Text und Melodie bestens bekannt sind. Das nächste Treffen des Plattdütsken Krinks ist am 30. August, dem Mittwoch nach Kirmes. Eines der geplanten Themen ist die Auffrischung des Lambertus-Marktes am Kirmes-Montag.

Der Plattdütske Krink trifft sich jeden letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr beim Heimatverein in der Alten Post.

3. Juni 2023
Was sagen uns alte Fotos?
 
Bei den Treffen des Plattdütsken Krinks im Heimatverein kamen immer wieder Fragen nach der Historie des alten Grevens auf. Der Heimatverein hatte vor Jahren mit den Westfälischen Nachrichten eine Serie alter schwarzweiß Postkarten zu einem Set zusammen gestellt. Diese Sets waren beim letzten Treffen angeboten worden. Jeder sollte sich daraus eines auswählen und dann beim nächsten Treffen zu den abgebildeten Szenen aus seinem eigenen Wissen berichten. Heinz Ronning erinnerte zur Einleitung daran, dass dies eine Übung sei, bei der man seine Sprachkenntnisse ausprobieren könne. Man brauchte nicht zu fürchten, dass es eine Prüfung mit Benotung sein könnte. Alle hätten den Wunsch, sich auf plattdeutsch ausdrücken zu können, wollten aber nicht Augustin Wibbelt kopieren.
  
Das gab nun Willem Beuning das Stichwort für seine Einstimmung mit Versen oder Geschichten von Augustin Wibbelt. Das ist inzwischen schon ein guter Brauch geworden. Es haben sich bereits einige Teilnehmer geäußert, dass sie im Laufe der Zeit gern mit Willem Beuning die Texte üben würden, um auch mal das „Vüörgebiäd“ vortragen zu können.

Auf die Frage, wer dann mit der Schilderung seiner Postkartengeschichte beginnen möchte, kamen Wortmeldungen erst einmal zögerlich. Ludger Hidding übernahm seine „...es war einmal...“-Beschreibung anhand einer Aufnahme des alten Bahnhofs von 1910. Der bot dann das Stichwort. Nicht alle in der Runde kannten die abgebildeten Gebäude. Der Bahnhof selbst war der erkennbare Mittelpunkt, dem er die Bezeichnung „Bahnhofs-Viertel“ gab. Rechts erkennt man den großen Wartesaal. Links die Expressgut-Abfertigung.  Die beiden  Türen für Ein- und Ausgang am Bahnsteig waren noch nicht wetterfest, die Torhäuschen, in denen die Bahnsteigkarten-Kontrolleure mit der Knipszange standen, kamen erst später.

An der großen Tafel zeichnete Ludger Hidding eine Skizze mit den Schienensträngen Richtung Rheine und Münster, der Durchfahrtsschiene, der Sonderschiene zur Laderampe der Firma Biederlack. Direkt hinter der Expressgutan- und -ausgabe war die  große Warenhalle mit Rampen. Das war der Herrschaftsbereich vom Bahnhofsexpressgut-Spediteur Egon Michels, ein Mann von riesiger Gestalt, mit großen Pranken und stabilen Kräften, der auch die größten Pakete tragen oder mit der DB-Sackkarre rollen konnte. Er war nicht aus der Ruhe zu bringen und wenns pressierte, sagte er „..to, lass angehen, ich hab keine Zeit!“

Bei vielen Grevenern galt das Gebiet links der Ems als „hinterm Bahnhof“, auch weil es eben auf der anderen Seite der Bahnschienen lag. Das war nicht abwertend gemeint sondern entsprach der geographischen Lage. Ludger Hidding bezog in seine Beschreibungen auch die so genannte Gronenburg mit ein.

Willem Beuning hatte eine Postkarte von der alten Münsterstraße entdeckt. Und zwar von der Adler-Apotheke bis fast zur Friedenstraße. Auch er überraschte mit seinem Bericht über die Zeit, als Terfloth in dem Haus seine Zentrale hatte. Als er diese aufgab und nach Münster übersiedelte, übernahm Herbert Cramer das Haus und etablierte dort seine Buchdruckerei. Im vorderen Teil wurde später eine Buchhandlung und ein Schreibwaren-Geschäft eingerichtet. Viele erinnerten sich an die so genannte „alte Frau Cramer“, die manchmal als Königin von England galt. Wegen ihres gesamten Auftretens, sowohl in der Kleidung und Frisur als auch in der Sprache. Nicht zu vergessen das blaue Samthalsband mit einer weißen Gemme. Sie hat seinerzeit die Predigten des Kardinal von Galen nachts auf der Schreibmaschine mit Durchschlägen getippt und diese dann heimlich verteilt. Die Gestapo kam dahinter, beschlagnahmte das gesamte Material und schloss das Geschäft.

Auf der Postkarte waren auch gut zu erkennen das Hotel zur Post, das Haus Gilbert, die alte Post und weitere Häuser, zu denen es nachdenkliche aber auch lustige Anekdoten zu erzählen gab. So wie es Hedwig Weigand berichtete. Sie stammt aus der Familie des Milchbauern Diesen, die früher mit dem Milchwagen die Münsterstraße und die Schützenstraße bis zur Mariensäule mit Milch versorgte. Mit ihren Erinnerungen könnte man, genau wie alle die anderen Vorträge, noch weitere Treffen füllen. Zum Milchwagen gab es auch die Schilderung des klugen Pferdes. Die jüngeren Geschwister von Aloys Diesen mussten öfter den Bruder oder den Vater vertreten. Sie kannten zwar die ganze Strecke, wussten aber nicht jede Haltestelle, wo die Mütter mit Milchdüppen zum Wagen kamen. Brauchten sie auch nicht, das Pferd wusste jede Haltestelle. Nur an einem Punkt blieb das Pferd nicht stehen. Der alte Tierarzt Dr. Tast hatte ihm einmal eine derbe Spritze geben müssen. Er hatte seine Praxis an der Münsterstraße, gegenüber vom Bäcker Wentker. Und wenn der Milchwagen in seiner Höhe war, zog das Pferd einfach zum nächsten Haltepunkt weiter.

Das Fazit dieses Treffens hat wieder ergeben, dass die Teilnehmer sich nicht vor dem Sprechen des Plattdeutschen zu fürchten brauchen. Es wird nicht zwingend voraus gesetzt, dass fehlerfrei gesprochen wird. Aber man sollte sich nicht „schaneeren“, sondern es probieren. Heinz Ronning betonte das in seinen Dankworten und die Teilnehmer bestätigten das. Zum Schluss sangen sie gemeinsam das bekannte und beliebte Lied in norddeutschem Platt „Datt du mien Leiwsten büs“.

Der Plattdütske Krink trifft sich jeden letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr beim Heimatverein in der Alten Post.

26. April 2023
Die Sprache unserer Großeltern
 
Zur Zeit der Hanse im Mittelalter war Plattdeutsch im Norden Deutschlands die wichtigste Umgangssprache. Auch als Schriftsprache war sie angesehen. Als aber Mitte des 15. Jahrhunderts das Hanse-Bündnis auseinander brach, verlor auch das Plattdeutsche seinen Stellenwert. In manchen Gegenden galt es als unfein, als eine Sprache, die nur vom gemeinen Volk gesprochen wurde. Es war chic, sich zum Beispiel französisch auszudrücken.
 
Wie war es denn im Münsterland, welche Sprache war die so genannte Umgangssprache? Und genau darum ging es beim letzten Treffen des Plattdütsken Krinks. Gemeinsam erinnerte man sich daran, was zu Lebzeiten der Großeltern und auch noch der Eltern üblich war. Bevor es jedoch in die Diskussion ging, gab Willem Beuning die Einstimmung mit plattdeutschen Versen und Vertellsels, vor allem von dem bekannten plattdeutschen Dichter Augustin Wibbelt. Zum Glück verfügt er über einen Schatz von plattdeutschen Büchern aus Nachlässen, so dass es für die inzwischen zur Gewohnheit gewordene Einstimmung noch Jahre reichen wird. Hinzu kommt, dass seine plattdeutsche  Vortragsweise geschätzt wird.
 
In der ausführlichen Diskussion wurde erläutert, dass die eingangs geschilderte Situation mit dem plattdeutschen Sprachgebrauch sogar noch nach dem Krieg galt. Man erinnerte an junge Grevener, die als Lehrer an die Schulen in kleineren Orten oder Bauerschaften bestellt wurden, glücklicherweise Plattdeutsch sprachen und sich so mit den Schülern verständigen konnten. Es entwickelte sich dann so, dass die Eltern und die Familie mit den Kindern zu Hause nur noch Hochdeutsch sprachen. Man befürchtete, dass sie im Alltag Nachteile bekämen, wenn sie Plattdeutsch sprächen. In manchen Orten ist man heute froh, dass diese Lehrer nicht  nur im Schulalltag sondern auch im allgemeinen Umgang platt sprachen. Sie waren es auch, die zum Beispiel das plattdeutsche Theater organisierten und auch damit zum Erhalt der Sprache  beitrugen. Ludger Hidding, der als aktiver „Lärer“ oder „Schoolmester“ aus seiner Zeit berichten konnte und die eine oder andere Geschichte auf Platt erzählte, hätte noch Stunden reden können.
 
Interessant ist bei diesen Treffen, dass außer den gebräuchlichen Ausdrücken auch immer mal wieder Worte auftauchen, über die gerätselt werden kann. So erwähnte Willem Beuning das Wort „astrante“. Über dessen Bedeutung darf gerätselt werden. Das Schöne an den Treffen ist, dass man durchaus ernsthaft diskutieren kann, aber dass man genau so plattdeutsche Witze oder Anekdoten vortragen kann. Zum Abschluss wurden plattdeutsche Lieder gesungen. Zuerst „Voss du häs de Gans us stuelen“ und dann das bekannte Maienlied „de Mai is all kuëmen“. Heinz Ronning kündigte an, dass beim nächsten Treffen Ende Mai Geschichten vorgetragen werden zu den alten Motivpostkarten von Greven, die verteilt wurden. Er erwähnte, dass eine besondere Veranstaltung in Vorbereitung sei, die aber noch in Einzelheiten geklärt werden muss. Aber man könne sich schon „drauf zufreuen“.  

Der  Plattdütske Krink trifft sich jeden letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr beim Heimatverein in der Alten Post.

23. Februar 2023
Bare Wäöder för’t Geld
 
Das Januar-Treffen vom Plattdütsken Krink zum 40jährigen Bestehen hat positive Folgen. Diesmal kamen noch mehr interessierte Teilnehmer in die Alte Post, mehrmals wurden zusätzliche Stühle aufgestellt. Sie alle wollten sich einen persönlichen Eindruck verschaffen. Sie wurden nicht enttäuscht. Heinz Ronning als Sprecher der Fachgruppe Plattdeutsch konnte in seiner Begrüßung berichten, dass Theo Große-Woestmann, der als Terro Liederwams spezieller Gast gewesen war, nach dieser gelungenen Veranstaltung gern einmal wieder kommen will. Das wurde mit Beifall aufgenommen.

Zu Beginn des Februar-Treffens hat Willem Beuning zur Einführung wieder drei plattdeutsche Verse vorgetragen. Das ist inzwischen guter Brauch. Bei dem Treffen ging es darum, an Beispielen die Bedeutung von einzelnen Wörtern, Sätzen, Sprichwörtern und auch Schimpfwörtern zu erläutern. Dazu konnte jeder aus seinem eigenen Sprachgebrauch Begriffe einbringen. Gern wurden dazu kleine Geschichten oder Erlebnisse vorgetragen. Manchmal wurde es durchaus ernst oder nachdenklich. Überwiegend aber gab es Grund zum Lachen.

Es ergab sich, dass etliche Worte oder Begriffe in die alltägliche Umgangssprache eingeflossen sind, die ihren Ursprung im Plattdeutschen haben. Es gibt außerdem Wörter und Ausdrücke, die im Hochdeutschen hart oder derb klingen, auf Plattdeutsch zwar auch klare Aussagen sind, die aber nicht verletzend oder gar beleidigend sind. Es gab soviel zu erzählen und besonders auch zu lachen, dass die vorgegebene Zeit nicht ausreichte. Deshalb wird es auch hier eine Fortsetzung geben.
 
Heinz Ronning bedankte sich in seinem Schlusswort für die ausgesprochen rege Beteiligung und dass diejenigen, die zum ersten Mal teilgenommen haben, einen positiven Eindruck von den Treffen bekommen haben. Damit leitete er über zur Ankündigung des nächsten Treffens, bei dem die alten Bräuche der Fastenzeit und von Ostern besprochen werden, wie immer auf Platt. Das gemeinsam auf platt gesungene Lied „Dat Leiwen brängt vull Freid“ beendete dieses Treffen.

Der  Plattdütske Krink trifft sich jeden letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr beim Heimatverein in der Alten Post.

26. Januar 2023
De Tiet laupt hen – 40 Jahre Plattdütsker Krink

Im März letzten Jahres sollte das vierzigjährige Bestehen des Plattdütsken Krinks Graiwen  gefeiert  werden. Wegen Corona musste das verschoben werden. Jetzt wurden daraus 40+1, aber das minderte nicht die Freude der Mitglieder, die beim ersten Treffen dieses Jahres in die Alte Post gekommen waren. Heinz Ronning begrüßte als Sprecher des Leitungsteams auch die besonderen Gäste, die der Einladung gefolgt waren. Seitens des Heimatvereins, unter dessen Dach der Krink besteht, sprach der stellvertretende Vorsitzende Thomas Grünert den Dank aus für den aktiven Einsatz des Teams, das vor einem Jahr den Krink aus dem corona-bedingten Dornröschenschlaf erlöst hatte. Das sei durchaus eine Herausforderung gewesen, weil auch in diesem Kreis die gewohnten Abläufe ins Stocken geraten waren.
  
Bevor dann der offizielle Part begann, wurde des kürzlich verstorbenen Erich Kückmann gedacht. Der hatte als besonderer Gast teilnehmen sollen. Die lobenden Worte galten hier besonders seinem Bemühen, die plattdeutsche Sprache auch im Alltag zu pflegen. Viele Grevener kannten ihn nicht nur aus seinem Geschäft, sondern auch im persönlichen Alltag.

Als besonderen Gast begrüsste Heinz Ronning den Gimbter Bürger Theo Große-Woestmann, der den Lesern der Westfälischen Nachrichten mit seiner wöchentlichen Kolumne als Terro Liederwams bekannt ist. Seine Ansichten über die plattdeutsche Sprache im allgemeinen und als wichtiges Kulturgut fanden bei den Zuhörern großes Interesse und genau so große Zustimmung. Er verband mit seinen Ausführungen auch die ausdrückliche Ermunterung, gerade in diesem Kreis auch weiterhin das Plattdeutsche zu pflegen und zu verbreiten. Und man solle nicht nachlassen im Bemühen, junge Menschen für diese Sprache zu interessieren.
  
In dem folgenden Interview wurden diejenigen Mitglieder befragt, die von Beginn an oder kurz darauf aktiv mitgemacht haben. Das waren Hedwig Weigand, Gisela Krumbeck, Anneliese Grünert und Ludger Hidding. Während des Erzählens fielen ihnen immer wieder Namen und Begebenheiten ein, die sogleich an ähnliche Situationen erinnerten. Es gab dabei so viel zu berichten, dass man dazu weitere thematische Treffen vorschlug.

Auch diese Anregung nahm Heinz Ronning in seine Schlussworte auf. Sein Dank galt allen Helfern, die dieses Treffen wieder mit vorbereitet hatten und sich an der Gestaltung aktiv beteiligten. Einen besonderen Dank richtete er an Ingrid Edelkötter. Diese hatte in der Corona-Zeit einen erheblich Anteil daran, dass der Plattdütske Krink wenigstens im kleinen Rahmen weiter machte. Zum Schluss sangen alle das Westfalen-Lied. Anhaltender Beifall beendete das Treffen.

30. November 2022

De stille Tiet – Advent un Winachten
 
Wenn in gemeinsamer Runde über Weihnachten gesprochen wird, dann wachen meistens die Erinnerungen auf an die Erfahrungen der eigenen Jugendzeit. Und mancher ist überzeugt, dass es Weihnachten immer geschneit hat. Letzteres stimmt nicht ganz, denn es gab wohl Schnee im Dezember und Januar. Aber Schnee an Weihnachten gab es zuletzt 1986, 2001 und 2010. Es stimmt jedoch, dass man Weihnachten durch den Schnee zur Kirche gestapft ist. Die Erinnerungen bringen auch die stille Zeit des Advents mit den Geheimnissen, mit den gesammelten Bömskes, dem Adventskranz mit roten Kerzen und dem morgendlichen Öffnen des nächsten Fensters im Adventskalender.

Und an das Weihnachtsfest selbst. Heiligabend wurde der Baum geschmückt mit Kugeln, Lametta und Engelshaar und den duftenden Honigwachskerzen. Heiligabend fuhr die städtische Blaskapelle mit dem Bus durch den Ort. An bestimmten Stellen spielten sie die bekannten Lieder und die Kinder kamen und sangen mit. Im Laufe des Gespräches kommt man dann zu den heutigen Weihnachtsfesten und wie sie gefeiert werden. So ähnlich war es auch beim letzten Treffen des Plattdütsken Krinks beim Heimatverein. Zu Beginn wurden plattdeutsche Weihnachtsgeschichten vorgelesen. Danach konnte jeder über seine persönlichen Erinnerungen berichten. So ergab sich eine lebhafte Diskussion, wobei selbstgebackene Iserkoken und Spritzgebäck geknabbert wurden. Den Abschluss bildete ein gemeinsam gesungenes plattdeutsches Weihnachtslied.

In einem kurzen Rückblick auf den Jahresverlauf wurde bestätigt, dass der plattdütske Krink nach der langen Corona-Pause auf einem guten Weg ist und dass man mit Freude und Spannung das Programm des nächsten Jahres erwarten darf. Am 25. Januar 2023 ist das nächste Treffen.

27. Oktober 2022

Graiwen an de Iäms

Jeder kennt das uralte Zitat „Die grösste Stadt in Engeland ist London an der Thems’, das grösste Dorf im Münsterland ist Greven an der Ems.“ Und genau diese Ems hatte der Plattdütske Krink im Heimatverein bei seinem letzten Treffen als Thema gewählt. Zu Beginn hatte Willem Beuning wieder plattdeutsche Verse und Erzählungen vorgetragen, überwiegend von Augustin Wibbelt.

Ludger Hidding begann seine Ausführungen über die Ems nicht bei der Quelle, sondern bei der Entstehung des Namens. Ende des 9. Jahrhunderts wurde erstmals im „Werdener Urbar“ der Name Grevaon erwähnt. Nach Überzeugung namhafter Namensforscher wird das zu übertragen sein als „zu (bei) den Gräben“. Angesprochen wird damit die Lage an der Ems.

Einen besonderen Platz in seinen Ausführungen nahm die Bedeutung der Ems für Handel und Wirtschaft ein. Und damit auch und besonders für Greven. Obwohl die Ems flussaufwärts flacher wurde, konnten die so genannten Pünten bis Greven genutzt werden. Das waren flache Schiffe ohne Kiel, die an einigen Strecken von Treidel-Pferden flussaufwärts gezogen wurden. Als 1856 die Eisenbahn kam, verlor  die Schiffahrt an Bedeutung und kam letztlich zum Erliegen.

Peter Döpker hatte aus der Fülle des Archivs ganz unterschiedliche Fotos der Ems ausgesucht. Von der aus heutiger Sicht alten Ems, das schlimme Hochwasser im Jahr 1946, danach die Eindeichung und die Kanalisierung und die neuesten Bilder der Renaturierung. Darüber kam es zu einer ausführlichen Diskussion, weil viele Erinnerungen geweckt wurden. Zum Beispiel die unterschiedlichen Bademöglichkeiten an den Sandbänken, die erste halboffizielle Badeanstalt bei Gimbte, das Freibad an der Ems. Und der letztlich gescheiterte Versuch, Greven „an die Ems“ dauerhaft zu erhalten. Erzählt wurde von den sinnlosen Sprengungen der Brücken gegen Ende des Krieges und die alte Führung an der GBS vorbei. Es gibt in Greven etliche Straßen und Flure, die mit der Ems verbunden werden. Wie die Flachsröste, Fiskediek, An der Bleiche, Hinter der Lake, Witte Över, um nur einige zu nennen.

Gegen Ende der Diskussion hatte Willem Beuning noch eine erstaunliche Bedeutung der Begriffe Fluss und Strom. Als er sagte, dass die Ems ein Strom sei, sah man die ungläubigen Gesichter. Die Erklärung: ein Fluss mündet in einen anderen Fluss. Ein Strom aber mündet ins offene Meer. Und da die Ems in die Nordsee mündet, sei sie ein Strom. Mit dieser fröhlichen Kurzgeschichte endete der insgesamt vergnügliche Nachmittag in der Alten Post.

29. September 2022

Kinnerkes, Kinnerkes koumt naon Lamberti-Baum

Im September war es Tradition, dass um das Patronatsfest des Hl. Lambertus das überlieferte Lambertus-Fest gefeiert wurde. Wobei Fest und Feiern etwas hoch gegriffen ist. Obwohl es besonders für Kinder ein Fest war. Bedauerlicherweise wurde das in den letzten Jahren immer weniger gepflegt. Diese Entwicklung wollte der Plattdütske Krink im Heimatverein in seinem September-Treffen ausgiebig besprechen.
 
Ludger Hidding hatte aus seinem Historienkästchen die Ursprünge des Lambertus-Festes heraus gesucht. Zunächst ging es um den Namensgeber. Lambertus wurde geboren etwa um 1672. Er wurde Bischof von Maastricht. Umgebracht wurde er von Soldaten des Grafen Dodo. Patron war er von Lüttich und Freiburg. Von Wunddoktoren, Bandagisten, Zahnärzten, Bauern und auch für Nieren-Pein. Sein Patronatstag war der 17. September, nach dem späteren Heiligen-Kalender dann der 18. September.

Es wird vermutet, dass das Tageslicht für den Patronatstag eine Rolle spielte. Die Tage wurden kürzer, es wurde früher dunkel und es wurden die Kerzen entzündet. Und da in dieser Kalenderwoche nur der Patronatstag des Heiligen Lambertus war, wurde diesem das Laternen-Fest gewidmet.  

Ein Zeitsprung. Etwa um 1825 wird erstmals berichtet, dass mit Kindern das Laternen-Fest begangen wurde. Die Kinder zogen durchs Viertel und sangen „Kinnerkes, Kinnerkes, kuomt naon Lamberti-Baum, up’n Marktplatz!“ oder auch „up’n Hoek, up’n Wilhelmplatz, bie Albacht  anne Küenigstraote.“ An diesen Treff- punkten stand der Baum, später wurde daraus die bekannte Pyramide. Die Kinder,  hängten ihre selbstgebastelten Laternen daran, oder auch die „Kölperköppe“. Das waren die ausgehöhlten Runkelrüben, in die Gesichter geschnitzt wurden und drin eine Kerze, was im Dunkeln gruselig wirkte. In einem großen Ring tanzten die Kinder um die Pyramide und sie sangen die bekannten Lamberti-Lieder.
 
In Greven wurde das Lambertus-Spiel an mehreren Plätzen begangen. So im Bahnhofsviertel, auf dem Hügel, im Sandweg, am Grünen Weg oder auch auf Schaipers Wieske am Hemeweg. Die Hauptfeier war im Niederort. Nach Ende des Krieges traf man sich auf der großen Wiese neben dem Jugendheim an der Windthorststraße. Da waren es oft drei, vier, fünf Kreise um die Pyramide. Und Männer mit dem Trekkebüül spielten die Lieder, die alle auswendig mitsingen konnten.
 
Wenn alle Lieder gesungen waren, kam zu guter Letzt „Oh Buer, wat kost’t dien Hei?“ Für die Kinder war es der Höhepunkt, wenn in der letzten Strophe gesungen wurde „Nu krigg de Buer ‘n Schupp“, und dann wurde dieser auch geschuppst und er suchte das Weite.
 
Es wurde in die Runde gefragt nach eigenem Erleben und Erinnerungen. Und wohl alle konnten dazu ihren Beitrag leisten. Es war erstaunlich, an wie vielen Plätzen das Lamberti-Fest stattfand, bis hinein in die Bauerschaften. In der Diskussion gab es wenig zufrieden stellende Antworten auf die Frage, warum das Fest hier im Ort immer weniger wurde. Und ob es das überhaupt noch gibt. In der Tageszeitung wurde bisher nur über das Lambertus-Fest in der Kita St. Johannes berichtet.
 
Das Singen der alten Lieder nahm beim Plattdütsken Krink einen breiten Raum ein. Das von der Laurentia, von der dummen Liese, dem Herrn, der den Jäger schickt und natürlich guter Freund, ich frage dir. Am Ende de Buer met sein Hei. Es war weder eine Pyramide aufgestellt noch waren Musikanten da. Schließlich war es auch nicht als Lambertus-Fest geplant. Man war sich einig, dass Erinnerungen an alte Bräuche und das Singen der bekannten Lieder Freude in den Alltag bringen können.
 
Im Schlusswort hieß es „Wi hebbt Pläsier hat un wi hebbt Aollet upwiämet, Niët haort, un toch dat meeste up Platt. Un nu freiet wi us up dat Driäpen End Saotmaond!“
2. September 2022
Wi sait us up Kiärmes
 
Die Kirmes in Greven war von jeher ein Thema, das gern heiß diskutiert wurde. Das konnten Gegner sein aber auch glühende Verfechter der Tradition. Und warum wird denn auch heute noch dieses Fest gefeiert? Am zurück liegenden Wochenende war erstmals wieder eine „richtige“ Kirmes und das noch bei bestem Kirmeswetter. Ent-sprechend waren die Besucherzahlen von nah und auch von fern. Darüber wollte der plattdütske Krink im Heimatverein in seinem August-Treffen ausgiebig sprechen.

Zu Beginn gab es eine Neuerung. Willem Beuning hatte aus seiner umfangreichen plattdeutsche Bibliothek aus den Schriften von Augustin Wibbelt mehrere Verse ausgesucht, die er jetzt vortrug. Das kam gut an und es wurde darum gebeten, dass er das immer zu Beginn eines Treffens machen solle.

Bilder der Kirmes aus alten und ganz alten Zeiten zeigte dann Peter Döpker, der in der Sammlung des Heimatvereins Fotos durchforscht hatte. Schwarzweiß Bilder aus alten Zeiten und Farbfotos aus jüngerer Zeit ließen Erinnerungen wach werden und provozierten Kommentare. Das älteste Foto zeigte eine „Raupe“, die es in dieser Form heute gar nicht mehr gibt. Oder die „Raketenfahrt zum Mond“ und die alte Schiffschaukel mit Überschlag. Auch die weitere Entwicklung der Fahrgeschäfte erkannte man in der zeitlichen Reihenfolge. Eine Videoaufnahme zeigte die historische Heitmannsche Kirmesorgel, die heute noch immer auf der Kirmes aufgestellt wird.

Und dann die wenigen Fotos vom Lambertus-Markt. Mit dem billigen Jakob als Hauptfigur. Als Meister der Sprücheklopfer war er die Attraktion und es bildeten sich ständig Trauben um seinen Stand. Und damit machte er seinerzeit gute Umsätze, die heute in dieser Form gar nicht mehr möglich wären.
 
Nach der Bilderpräsentation begann Ludger Hidding mit der Schilderung des Ursprungs der Grevener Kirmes. Im 13. Jahrhundert wurde sie erstmals erwähnt, auch später um 1403. Als Patronatsfest wäre die Kirmes mit dem 11. November recht spät im Jahr gewesen. Dann orientierte man sich auf St. Bartholomäus, der am 24. August gefeiert wurde. Und der Lambertus-Markt am letzten Augustmontag war wohl ein  kleiner geschichtlicher Irrtum, weil dessen Namensfest erst im September gefeiert wird.

War die Kirmes im Laufe der Jahre eine Art Viehmarkt, kam der Warenaustausch hinzu, noch später die Unterhaltung des Publikums und das mehrtägige Feiern.

                                               31. Juli 2022
Schüttenbeer un Wallfaorten
 
Auch der „Plattdütske Krink Graiwen“ hatte seit dem corona-bedingten Lock-Down nur noch wenig Möglichkeiten für sein monatliches Treffen. In diesem Frühjahr versuchte der Heimat-Verein einen Neustart. Mitglieder und Interessierte wurden aufgerufen, sich zu treffen und die plattdeutsche Sprache wieder „antoch“ zu kriegen. Man traf sich in der Alten Post zum Kaffeetrinken und die Erlebnisse der vergangenen Monate auszutauschen. Aber das reichte den Teilnehmern nicht.

Beim Juni-Treffen wurde dann das Thema „Schüttenbeer“ besprochen. Ludger Hidding begann mit der Schilderung der Ursprünge von Schützengilden und der Festigung in Schützenvereinen. Und über den Neubeginn nach Ende des 2. Weltkrieges. Es wurde versucht, das Fortbestehen der Grevener Vereine anhand der bisherigen Berichte zu erläutern.

„Prossjonen un Wallfaorten“ war das Thema beim Juli-Treffen. Zu Beginn erinnerte Heinz Ronning als Sprecher des Krinks daran, dass alle plattdeutsch reden sollten. Wer das nicht oder noch nicht wieder könne, der möge „platt met striepen küern“. Vorab wurde ein kurzer Film über Prozessionen gezeigt. Ebenso alte Fotos. Peter Döpker hatte das Material aus dem Archiv des Heimat-Vereins zusammen gestellt. Willem Beuning berichtete über die Brand-Prozession, bei der vor seinem Elternhaus an der Münsterstraße der erste Segensaltar war. Bei seiner Schilderung der Besonderheiten dieser „Staatsprozession“ weckte er viele Erinnerungen.

Bei den Fotos war auch die Abbildung einer geschmückten Madonnen-Statue. Man dachte zunächst an die Mariensäule. Das Rätsel wurde nicht gelöst. In der weiteren plattdeutschen Diskussion wurden manche Besonderheiten offenbar, die man allgemein nicht im Gedächtnis hat. Zum Beispiel, dass es Fronleichnams-Prozessionen in den einzelnen Pfarren gab und das auch noch in wechselnden Stadtvierteln. Im Zusammenhang mit der Telgter Wallfahrt wurden auch Anekdoten erzählt, die zum Schmunzeln anregten.

Nach Ende des offiziellen Treffens wurde seitens der Teilnehmer ausdrücklich begrüßt, dass mehr Plattdeutsch gesprochen wurde. Und es bestand Konsens in  der Meinung, dass dieser eingeschlagene Weg beibehalten wird. Das wird sich dann beim nächsten Treffen Ende August zeigen.

Bildnachweis: Pixabay, Markus Ahlert
(c) Heimatverein Greven - 2023
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